Bambus
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Bambus

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Ich höre die warnenden Kommentare der Gartenexperten: Rhizom! Wurzelsperre! PANIK! Ich muss euch enttäuschen, ich stimme nicht mit ein. Das ist ein Pro-Bambus Artikel.

Der Südbambus: Üppig wucherndes Ungetüm

Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es stimmt natürlich, dass die meisten Bambussorten weitreichende unterirdische Ausläufer – besagtes Rhizom – bilden. Er kann damit unter zubetonierten Stellen “durchtauchen”, kann meterweit an der Oberfläche unsichtbar horizontal wachsen um irgendwo wieder seine Triebe an das Licht zu strecken. Auch zarte Plastikfolien (inklusive dünne Teichfolien), seichte Fundamente oder loses Mauerwerk stellen kein echtes Hindernis dar.

Wer schon mal Barfuß auf einen Bambusspross mitten in der Wiese getreten ist, der weiß: Die Bambusfolter ist keine Urban Legend, das funktioniert wohl wirklich. Gleiches gilt aber auch für eine Menge andere, einheimische Pflanzen(teile). Selbst getrocknete Fichtennadeln tun höllisch weh, wenn sie in der Fußsohle stecken.

Hier wendet sich mein Artikel von den bambusartikeltypischen, warnenden Worten ab um auf die positiven Seiten dieses Grases einzugehen. Für mich die wichtigste Eigenschaft von Bambus ist seine Lebenskraft gepaart mit Anpassungsfähigkeit. Die Pflanzen, die ihr hier seht, stammen alle von einer eher mickrigen Zimmerpflanze ab. Vor mehr als 10 Jahren in einem Baumarkt für ein nordseitiges Zimmer als grüner Aufputz angeschafft überlebte die Pflanze ein paar Jahre Wohnungshaltung. 24cm Plastiktopf, kein einziger direkter Sonnenstrahl und trockene Stadtwohnungsluft dämpften zwar die Wuchsfreude, von Aufgeben aber keine Spur. Als stolze Eigheimbesitzer stellte sich dann die Frage: “Aussetzen oder Zimmerpflanze auf ewig?” Ihr seht, wie Frage beantwortet worden ist. Beim Herausschälen aus dem Plastikblumentopf passierte mir noch ein Hoppala mit der Rosenschere, was zu zwei befreiten Bambusstücken führte. Deswegen gibt es auch einen Nordbambus:

Kleiner und stämmiger als sein südseitiger Zwillingsbruder bewacht er die Nordwand des Hauses. Sturmböen, durch die Hauswand an dieser Stelle nochmals kanalisiert, entlocken ihm nur ein verärgertes Rascheln. Obwohl er am insgesamt kühleren Platz steht, frieren seine Triebe auch an den kältesten Wintertagen nicht ab. Hängt vielleicht mit dem langsameren Wachstum und der andauernden Abhärtung zusammen. Sein Kumpel an der Südseite hat eher mit Trockenheit und Sommerspitzentemperaturen von 40°C zu kämpfen. In einer Südwestecke, im Regenschatten des Hauses und praller Sonne ausgesetzt zeigt die Pflanze, was in ihr steckt.

Nach sechs Jahren kann man schon eine Art Bambus-Dom in der Mitte des Busches bilden. Die höchsten Triebe erreichten letzten Sommer die Dachrinne. Stangen zum Aufbinden unsere Nutzpflanzen kaufen wir schon lange keine mehr – der Bambusrückschnitt liefert alles, was wir brauchen. Ja, hin und wieder muss ich eine Auslegerwurzel gewaltsam aus der Wiese ziehen. Ihr habt oben aber schon gesehen, ich bin kein Liebhaber des Golfrasens sondern freue mich über eine kunterbunte Wiesenpflanzengemeinschaft. Eine durch “Bambusrupfen” entstandene Narbe ist in so einer Wiese nach wenigen Tagen verschwunden.

Oben: frisch geschnittene Stöcke; Mitte: über Winter gelagert; Unten: Nach 2 oder 3 Jahren Garteneinsatz

Man könnte jetzt einwenden, dass diese Vielfalt bei weit über 100 Bambusarten ja nicht verwunderlich sei. In diesem Fall ist es aber genau eine einzige Art, alles aus einem 15cm Wurzelstück. Das meine ich mit Anpassungsfähigkeit: In den Bambusgenen ist offenbar jede Eventualität abgedeckt, von der staubigen Zimmerpflanze über Nordseiten-Windbrecher bis hin zum Schattenspender am Trockenstandort.

Ich denke unsere Umwelt wird in den nächsten Jahrzehnten tiefgreifende Änderungen durchmachen. Der Klimawandel wird die Natur in einer noch nie dagewesenen Art verändern. Wir werden viele Pflanzen verlieren, weil sie sich nicht schnell genug anpassen oder neue Lebensräume besiedeln können. Bambus gibt mir ein klein wenig Zuversicht, dass wir auch noch 2050 grüne Hügel und Berge bei uns sehen werden.

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